Vor einigen Wochen hatte die zehnte Klasse des Gymnasiums Spaichingen die Gelegenheit, Frau Dr. Gärtner in der Schule zu begrüßen. Sie spielte mehrere Stücke, erzählte aber auch viele interessante Dinge über Musik und ihre Karriere. Diese kleine Konzert- und Schulstunde nennt sich passenderweise „Rhapsody in School“ und macht, neben vielen anderen Bereichen, den Arbeitsalltag von Frau Dr. Gärtners aus. Die Idee des „Rhapsody in School“-Projektes basiert mitunter auf Frau Dr. Gärtners Vergangenheit als Lehrerin und die damit verbundene Liebe zum Unterrichten von Schülerinnen und Schülern. Organisiert wurde diese Aktion von Frau Kleiner, die auch eine kleine Ansprache hielt und mit einer Hinführung das Thema einleitete. Danach gab uns Frau Dr. Gärtner einen kleinen Einblick in ihren Lebenslauf. Geboren in Neuhausen ob Eck wuchs sie mit drei Brüdern auf. In Ihrer Jungend besuchte sie das Gymnasium in Meßkirch. Musik war schon immer ein Teil von ihr gewesen. Bereits mit drei Jahren begann Frau Dr. Gärtner mit dem Klavierunterricht, wurde mit vier Landespreisträgerin. In den kommenden Jahren übte das junge Talent stetig weiter und entwickelte sich immer mehr zu einer Pianistin. Aber nach der Schule schlug Frau Dr. Gärtner zunächst eine andere Richtung ein: Sie studierte Lehramt mit Französisch und Sport, unterrichtete an der Schule. Das Klavierspiel führte sie nebenher weiter. Irgendwann merkte Frau Dr. Gärtner, dass ihre wahre Bestimmung die Musik ist, auch wenn das Lehramt immer ein Teil von ihr bleiben wird. Sie studierte also Musik, speziell Gesundheit für Musiker und Musikermedizin, und fand langsam einen neuen Alltag, einen neuen Beruf. Heute übt Frau Dr. Gärtner ihren freien Beruf in jeglichen Facetten aus: Organisation, Übungseinheiten, Workshops und Vorlesungen – das alles gehört nun zu ihrem Arbeitsalltags. Des Weiteren hält sie jede Woche drei Stunden in der Trossinger Vorlesung einen Vortrag über Musikmedizin. In ihrer Freizeit ist Frau Dr. Gärtner eine leidenschaftliche Balletttänzerin, liebt aber auch die Natur. Besonders von Spaichingen schwärmt die Pianistin: „Sehr schöne Natur in diesem Örtchen“. Danach spielte uns Frau Dr. Gärtner einige Auszüge aus der Sonate Facile von Wolfgang Amadeus Mozart sowie aus 24 Prélude von Frederik Chopin vor. Sie erzählte uns zu jedem Komponisten auch die Hintergrundgeschichte und sorgte mit ihrem angebrachten und passenden Humor für eine gute Atmosphäre. Zu den vorgetragenen Stücken haben wir einige Gedanken und Interpretationen notiert:
Es ist, als würden die Finger tanzen. Tanzen zu einer Melodie, die die Zeit widerzuspiegeln scheint. Es wirkt, als gäbe es den Grundrhythmus des Lebens wider, das Leben, das jemand zu erreichen vermag. Doch jeweils eine Spielhand erzeugt das Gefühl von Variation und Abweichung in der Musik als auch im Leben. Ein selbstständiger Mensch bestimmt selbst über sich und sein Leben. Er lebt. Er weicht ab von dem, was zu sein scheint. Er verliert sich im Rausche der Schönheit des Lebens. Auch der abrupte Wechsel der Sonate ins dramatisch Traurige zeugt in meinen Gedanken vom Leben. Der Mensch macht Fehler, er kommt auf die falsche Spur, er geht zu weit. Doch er wird zurückgeholt, denn egal was er versucht zu tun, das Leben an sich kann er nicht an der Nase herumführen. Der Grundstein ist gelegt. Man kann ihn formen, verformen, aber niemals zerstören. Als die letzten Töne des Stückes der Sonate von Mozart verklungen waren, habe ich das Bild eines alten tanzenden Paares im Regen gesehen. Es betrachtet das Leben und sieht in ihm (dem Leben) keine Herausforderung mehr, sondern den Sinn dahinter, der egal, ob schöne oder ob schlechte Momente, immer derselbe bleibt.
Das Stück von Chopin 24 Prélude ist in meinen Augen eine Kunst. Es kann nicht anders beschrieben werden, denn kaum ein Künstler vermag es, so schnell so viele unterschiedliche Gefühle zu erzeugen. Ich bin der Ansicht, Gefühle sind bei der Musik wie auch bei jeder anderen Art der Kunst der entscheidende Faktor, der darüber entscheidet, wie die Kunst entsteht. Während ich bei der einen Prélude eine immense Fröhlichkeit spüren konnte, war es bei einer anderen so, dass ich durch die Musik Unrecht und Unheil sah. Vor meinem inneren Auge erschienen mir Bilder der Hoffnungslosigkeit, der Not, der Zerstörung, des Leidens, des Krieges. Dabei spürte ich eine Traurigkeit in mir, obwohl das eigentlich völlig surreal ist. Doch betrachtet man die Tatsache, dass Filmmusik in Filmen eine bedeutsame Rolle spielt, ist es schon besser nachvollziehbar. Alles in allem kann das Stück auch als ein einziges Gefühlchaos beschrieben werden. Kaum verleitet mich die Musik dazu, an schöne Augenblicke meines Lebens zu denken, werde ich hinausgerissen und direkt in einen Zustand der Melancholie versetzt.
Im dritten Stück stellte ich mir immer wieder die Frage, was ich empfinde: Einerseits war es sowohl wunderschön als auch mutmachend, andererseits war es nervenaufreibend und aufwühlend. Die Gefühlslage ist gut mit einer Waage vergleichbar, die sich im Ungleichgewicht befindet. Manchmal scheint es, als würde die eine Seite überwiegen und dann ändert sich dieser Zustand schlagartig und die Waage fällt zurück. Gerade das macht das Stück in meinen Augen so interessant und spannend. Während man bei heutigen Liedern ganz klar von einer Emotion geleitet wird, führen gerade Stücke der Romantik und Klassik auf den Grund der Gefühle zurück.
Am Ende durften wir Frau Dr. Gärtner noch einige Fragen stellen und mussten uns dann leider schon wieder von ihr verabschieden. Ihr Besuch mit „Rhapsody in School“ an unserer Schule wird für alle ein unvergessliches Erlebnis bleiben. Wir danken Frau Kleiner, dass sie dies möglich gemacht hat und hoffen, uns in Zukunft vielleicht noch einmal von Frau Dr. Gärtner verzaubern lassen zu können.