Schreiben ist wie Puzzeln:
Dagmar Petrick hält ihre Kladde hoch und zeigt ihr Notizbuch den Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums Spaichingen. Das ist ihr wertvollstes Werkzeug, sagt sie und schlägt eine Seite auf mit dem Cluster zu ihrer Geschichte über die Kinder Martha und Helen.
Diese stellte sie den Kindern in der Mediathek der Schule am 31. März vor. Schnell zeigte sich, dass sie als Autorin alles andere als im Elfenbeinturm lebt. Selbst Mutter von vier Jungen sprühte sie vor Energie und Interesse für die Kinder. Bildreich und anschaulich gab sie Einblicke in ihre Arbeitsweise. Schreiben sei für sie wie Puzzeln, ein Spiel mit Buchstaben und Wörtern, aus denen sie Sätze zusammensetzt zu einer Geschichte mit einem roten Faden, einer Handlung.
Für die zwei sechsjährigen Mädchen ihres neuen Buches sind Buchstaben ganz wichtig. Denn Helen, die Tochter eines wohlhabenden Südstaatlers, ist taub und blind. Sie lebt mit ihrer Familie in einem großen Haus in Alabama. Der Bürgerkrieg hat gerade die Sklaverei beendet. Es ist 1887 und die Sklaven bekommen Namen. So nennt die Köchin des Hauses ihr Kind Martha Washington. Martha muss Helen umsorgen, die in völliger Dunkelheit lebt und sich nicht ausdrücken kann. In ihrer Hilflosigkeit wird sie täglich wütender und zerschlägt jede Menge Porzellan und sogar ihrer Privatlehrerin einen Zahn aus. Mit unfassbarer Geduld bringt Miss Sullivan dem Mädchen die Zeichensprache bei. Dabei kann sie nur auf deren Tastsinn bauen. Buchstabe für Buchstabe formt sie in deren Hand zu einem Fingeralphabet und endlich formen sie sich zu Wörtern. „Aus der Dunkelheit wird Licht.“ Eine ganze Welt erschließt sich für die Kleine, die tatsächlich gelebt hat. Es ist die Kindheit der späteren Autorin und Menschenrechtlerin Helen Keller. In deren Autobiographie wird Martha erwähnt, die die Zeichensprache mit Helen lernte. Die Figur schien Dagmar Petrick interessant und sie machte sie zur Erzählerin ihres Kinderbuches.
Den zwölfjährigen Zuhörerinnen und Zuhörern wurde eines bewusst, worüber sie bisher nie groß nachgedacht haben: Wie wichtig sind Buchstaben, Wörter, Sprache für mein Leben. Welchen Wert hat Kommunikation. Sie kamen mit der Schriftstellerin ins aufschlussreiche Gespräch.
Eddahbi